>>  home / radius / berichte / wir testen

Wir testen- Sie testen

von Andreas Höllmüller

Das Liegerad ist keine neue Erfindung, bereits 1869 gab es Konstruktionen, die der Erscheinung eines modernen Liegerades ähnelten. Bis in die späten 30er Jahre entwickelten sich die Lieger weiter und verwiesen die Rennräder bei Wettkämpfen häufig auf den zweiten Platz.

Nach den erstaunlichen Erfolgen wurde das Liegerad durch die internationale Rennsportvereinigung von weiteren Wettkämpfen ausgeschlossen. Dadurch sank die Popularität des Liegerades und es verschwand aus der Radwelt. Erst Mitte der siebziger Jahre begannen Enthusiasten wieder mit der Konstruktion dieses Typus. War es daraufhin lange Zeit Usus, sich sein Liegerad selbst zu bauen, gibt es mittlerweile ein breites Angebot in erstaunlich hoher Qualität.
Liegerad ist aber nicht Liegerad, wie bei sogenannten "normalen" Rädern gibt es die unterschiedlichsten Ausprägungen, die sich sehr stark voneinander unterscheiden. Es gibt Rücken- und Bauchliegeräder, wobei letztgenannte kaum gebaut und im folgenden deshalb auch vernachlässigt werden.
Grundsätzliche Unterscheidungsmerkmale sind der Radstand, die Anbringung des Lenkers und das Verhältnis Sitzhöhe zu Tretlagerhöhe. Je länger der Radstand, desto ruhiger und spurstabiler ist das Rad. Bei kürzerem Radstand sind Liegeräder wendiger, aber auch nervöser, das Fahrverhalten wird "sportlicher". Obenlenker sind meist einfacher zu fahren und erfordern kürzere Umgewöhnungszeit, sie eignen sich vor allem für Fahrten in der Stadt, wo man eine gute Übersicht braucht.
Untenlenker sind bequemer und haben meist auch eine bessere Aerodynamik, sie sind erste Wahl für Touren und sportliches Fahren. Je größer die Tretlagerüberhöhung, desto besser ist der Kraftschluß, aber desto weniger sieht man. Beim Umstieg auf ein Liegerad ist es zuerst ungewohnt, die Füße so weit nach oben zu bringen. Bei starker Tretlagerüberhöhung ist es auf Dauer schwierig, die Füße auf den Pedalen zu halten. Hier bieten sich Klick-Pedale an. Auch die Muskelbelastung- ist eine andere. Obwohl das Liegerad dazu verführt, mit Kraft und niedriger Trittfrequenz zu fahren, sollte man genau das nicht tun. Es ist mit hoher Trittfrequenz zu fahren und man sollte sich langsam an die Bewegung gewöhnen. Vor allem das Bergauffahren ist zu Beginn anstrengend. Da man sich nicht umdrehen kann, ist auch ein Rückspiegel unbedingt zu empfehlen.
Für Fahrten in der Stadt sind nur Liegeräder mit hoher Sitzposition und guter Übersicht geeignet. Bei sportlichen Liegern hat man eine schlechte Übersicht, wird später gesehen und befindet sich noch dazu auf Höhe des Bodenozons. Nach einer angemessen Eingewöhungszeit ist Liegeradfahren aber eine bequeme und freudvolle Art der Fortbewegung. Vor allem aber fällt man auf: Kinder rufen "cool" oder "schaut mal" und auch Erwachsenen gelingt es kaum, sich nicht umzudrehen. Will man sich in Szene setzen, ist ein Liegerad sicher eine kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zu einem Sportwagen.

Weiterführende Literatur hierzu: "Das Liegerad", Fehlau Gunnar, Kiel: Moby Dick 1996.


Der Test: Das C4-Tour

Das C4 unterscheidet sich von den anderen Untenlenkern im Test vor allem durch den langen Radstand. Weiteres augenfälliges Merkmal ist die indirekte Lenkung, die etwas Eingewöhnung voraussetzt. Die Ausstattung des C4 ist vorbildlich. Kotflügel, Gepäckträger und Halogenlichtanlage sind serienmäßig drauf, zur Sachs 3x7 und den V-Brakes muß nichts mehr gesagt werden.
Bei der ersten Fahrt trieb das C4 meinen Adrenalinpegel allerdings in ungeahnte Höhen. [...] Auf schmalen wenig befahrenen Landstraßen ist das C4 in seinem Metier. Es gleitet zügig dahin und bietet den Komfort einer Sänfte. Großen Anteil daran hat sicherlich die gut abgestimmte Hinterradfederung, durch den langen Radstand ist vorne keine Federgabel nötig.
Die Handhaltung ist für lange Touren ideal, und der Sitz ist der bequemste der getesteten Räder. Auch die indirekte Lenkung ist auf Tour kein Problem mehr. Das C4 läßt sich flott fahren, ist aber kein Sportler. Die Schaltung funktioniert klaglos und der Übersetzungsbereich ist gut abgestuft und auf Fahrten mit Gepäck ausgelegt. Fazit: Das C4 ist das ideale Rad für Radreisen und längere Touren bei mittlerem Tempo. Die Sitzhaltung ist außerordentlich bequem und die Ausstattung läßt keinen Grund zur Klage. Wer damit in der Stadt fahren will. sollte viel Übung haben.

Technische Daten:

Rahmen: Chrom-Molybdän Präzisionsstahlrohr, nahtlos gezogen, WIG-geschweißt; Federung: hydraulisch, einstellbare Vorspannung, keine Wechselwirkung mit dem Antrieb; Antrieb: SACHS 3x7; Tretkurbeln: Alu-single, 52 Doppelter Aluminium-Kettenschutz; Kassette: SACHS 12/28; Schalthebel: Shimano Barendshifter; Naben: SACHS; Laufräder: vorne 20", hinten 20"; Lenker: verstellbarer Ergolenker unten; Bremsen: V-Brake; Beleuchtung: Halogen, serienmäßig; Schutzbleche: Kunststoff, serienmäßigig ; Ständer: Alu-Hinterbauständer serienmäßig; Gepäckträger: Aluminium serienmäßig; Rahmenfarben: Nachtblau (Rubinrot, Melonengelb undTief-schwarz optional gg. Aufpreis); Rahmenlängen: M (1,62 -1,83 cm) L (1,80 -198 cm); Beschichtung: Pulverbeschichtet

<< zurück
        
© 2001 by Radius-Spezialräder / Alle Rechte vorbehalten / Veröffentlichung, Kopie & Druck nur mit Erlaubnis.